Wie schlägt sich die Brundtlandstadt in der Energiewende tatsächlich?
(Leserbrief, am 29.4.2022 an die Redaktionen vom Viernheimer Tageblatt und SüdhessenMorgen gesendet.)
Vor einigen Wochen hatte ich vorgeschlagen, ein Dashboard einzurichten an dem man ablesen kann, wo wir als Stadt stehen mit der Entwicklung hin zu mehr Energie aus CO2-freien Quellen. Zudem hatte ich mehrfach kritisiert, dass es zwar viele tolle Aktionen des Brundtlandbüros rund um die Energiewende gibt, aber deren Wirkung nicht gemessen werden. Seitens der Stadt und ihrer Verantwortlichen hat es dazu keinerlei Reaktion gegeben.
Da aber für die hohen Ziele einer Energiewende auch eine Art Controlling notwendig ist, erstelle ich gerade ein eigenes Dashboard. Mit diesem Leserbrief mache ich den Anfang.
In der Grafik zeige ich auf, wie sich die südhessischen Städte rund um da Thema Photovoltaik aufgestellt haben, also dazu, Strom aus Sonnenlicht zu gewinnen. Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: Die Brundtlandstadt Viernheim liegt nach diesen Zahlen auf dem letzten Platz. Ein hoch peinliches Ergebnis nach all dem schönen Selbstlob und tollen Aktionen.
Es gibt öffentliche Zahlenquellen, die einen Vergleich der Städte ermöglichen. In diesen Zahlen wird die Leistung aller Photovoltaikanlagen, die in einer Gemeinde aufgebaut sind, zusammengerechnet. Das ist dann die maximale „Photovoltaikleistung“ der Gemeinde. Viernheim kann an einem sonnigen Tag rund 8500 Kilowatt pro Stunde produzieren, also 8,5 Megawatt. Das klingt schon mal nach einer ordentlichen Hausnummer. Das relativiert sich aber.
Im Vergleich der Photovoltaikleistung anderer Städte bekommt man dann eine Einschätzung, wie viel das wirklich ist. So produziert Grasellenbach mit 9400 Kilowatt pro Stunde mehr und ist doch eine viel kleinere Gemeinde. Oder Lampertheim als weiteres Beispiel produziert mit rund 23.000 Kilowatt pro Stunde knapp drei Mal so viel Strom aus der Sonne, als wir es tun. Und das mit weniger Einwohnern als Viernheim.
Eine gute Vergleichsmöglichkeit der Leistungen der einzelnen Gemeinden ist, die installierte Leistung pro Einwohner zu berechnen. Es gibt einige Initiativen und sogar Wettbewerbe, die das tun. Ein solches Vorgehen hat eine gewisse Logik, denn Gemeinden mit vielen Einwohnern haben mehr Dächer, auf die eine solche Anlage gebaut werden kann und mehr Einwohner, die sich hier beteiligen. Größere Gemeinden sollten hier also mehr tun können als kleinere Gemeinden. Bei diesen Vergleichen wird die maximale Photovoltaikleistung durch die Anzahl der Einwohner geteilt und dann eine Leistung pro Einwohner errechnet.
Das habe ich für die südhessischen Gemeinden getan und der Vergleich ergibt für die angeblich so vorbildliche Brundtlandstadt ein peinliches Ergebnis. Wir liegen auf dem allerletzten Platz! An einem optimalen Tag produzieren wir nur maximal 250 Watt pro Einwohner und Sonnenstunde per Photovoltaik. Das ist wenig. Grasellenbach produziert an dem, gleichen Tag rund 2200 Watt pro Stunde oder Lampertheim immerhin 790 Watt – um nur zwei Beispiele herauszugreifen.
Und um noch eine Zahl zu nennen, die der Einordnung hilft: Man geht davon aus, dass ein Mensch rund 3600 Watt Strom pro Tag verbraucht. Damit reicht es in Grasellenbach aus, wenn die Sonne rund 1,5 Stunden scheint. Grasellenbach bekommt an sonnigen Tagen also seinen Strom klimaneutral und muss keinen teuren Strom aus fossilen Energieträgern zukaufen. In Viernheim bräuchten wir dafür über 14 Stunden optimale Sonneneinstrahlung. Das dürfte auch an schönen Sommertagen schwierig werden bzw. zeigt die Abhängigkeit der Brundtlandstadt von fossilen Energieträgern.
Diese Zahlen zeigen, dass alles Selbst-Loben und Hochhalten des vor über zwei Jahrzehnten einmal erhaltenen Brundtlandpreises, nicht genug ist, wenn man die Energiewende ernst nimmt. Wir haben also noch viel zu tun. Wenn wir auf das Niveau von Grasellenbach kommen wollten, müssten wir die Photovoltaikleistung mal eben verzehnfachen. Ob es dazu ausreicht, mit ein paar ehrenamtlichen Bürgersolarberatern ein paar Beratungen durchzuführen und eine schöne Kampagne zu fahren? Das kann und sollte unbedingt ein Schritt auf dem Weg sein. Aber es fehlen noch ganz viele weitere Schritte!
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