
Was steckt eigentlich hinter dem Gehwegparkverbot?
Vordergründig wird damit argumentiert, dass ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts umgesetzt werden soll. Dieses argumentiert, dass UNERLAUBTES Gehwegparken kontrolliert und geahndet werden muss. Darauf beruft sich nun die Stadt Viernheim und hat eine Kampagne gegen das Gehwegparken gestartet. Dagegen ist ERLAUBTES Gehwegparken weiterhin möglich. Man müsste es halt überall, wo nötig, per Schild erlauben. Zudem handelt das Urteil einen Einzelfall ab und die Frage wäre schon, ob sich daraus tatsächlich Rechtspflichten für Viernheim ableiten lassen, so wie es dargestellt wird.
Die Stadtverwaltung hat sich für ihre Kampagne entschieden und will – u.a. mit happigen Bußgeldern – gegen das Gehwegparken vorgehen. Ja, Fußgänger, Rollstuhlfahrerinnen und Kinderwagen brauchen Platz! Andere Argumente aber lassen Fragen aufkommen. Seit vielen Jahren wird argumentiert, die Feuerwehr kommt wegen Parkenden nicht gut um die Kurven der engen Straßen. Wäre das nicht schon seit Jahren mal ein sehr guter Grund für Kontrollen gewesen? Wenn heute immer noch in den Kurven geparkt wird, hat die Stadt in all den Jahren nichts Wirksames gegen dieses Parken unternommen und die Bewohner der entsprechenden Straßen wissentlich gefährdet, in einem Feuer umzukommen!
Oder warum ist wohl eine Mitarbeiterin des Brundtlandbüros für die Öffentlichkeitsarbeit der Kampagne zuständig? Hat das Brundtlandbüro vielleicht gerade nichts zu tun und hilft daher ein bisschen beim Ordnungsamt aus? Geht es bei der Kampagne um Recht und Ordnung oder doch eher um etwas ganz anderes?
Ich vermute, die Verwaltungsspitze verfolgt persönliche Ziele und hätte einfach gerne weniger Autos in der erträumten Fahrradstadt Viernheim. Schon seit Jahren gibt es Versuche, den Bürgerinnen und Bürgern in den engen Straßen der Altstadt die Parkplätze wegzunehmen. Stadtrat Bolze ist damit vor einigen Jahren am Widerstand der Bürger gescheitert, ebenso wie der Versuch des Bürgermeisters und des aktuellen Ersten Stadtrats vor einigen Monaten in Wald- und Friedrichstraße.
Warum spielt die Verwaltungsspitze hier nicht mit offenen Karten? Persönlich bin ich, wie vermutlich auch die meisten Bürgerinnen und Bürger, für weniger Autos in Viernheim sehr offen. Die Frage ist, wie setzt man es erfolgreich um? So wie jetzt versucht, erst mit Einsicht und wenn die nicht kommt, zwei Wochen später mit Zwang – das wird nicht funktionieren und zu Gegenreaktionen an anderer Stelle führen.
Als erstes müsste ein Beschluss des Parlaments her. Wenn man weniger Autos in der Stadt will, müssen die gewählten Kommunalpolitiker das in den Ausschüssen und im Parlament und idealerweise mit der Bürgerschaft diskutieren und beschließen.
Zweitens müssten die Verantwortlichen endlich mal verstehen, warum die Leute auf ihr Auto angewiesen sind. Um von Viernheim mit Bussen und Bahnen irgendwohin zu kommen, ist man viel zu lange unterwegs und attraktiv ist es auch nicht, morgens vor Arbeitsbeginn in der überfüllten Linie fünf zu sitzen. Verbesserungen sind hier notwendig. Und Arbeit gibt es für viele nur außerhalb Viernheims und zwingt zum Pendeln. Wenn man an diese Punkte nicht ran will, braucht es alternative Parkmöglichkeiten, wie zum Beispiel Parkhäuser in den einzelnen Stadtteilen.
Drittens dürfte man nicht nur die Straßen leer räumen, sondern müsste eine positive Alternative schaffen. Eine leere Straße ist Platzverschwendung und keine Alternative. Dann doch lieber die Autos auf der Straße und die Höfe für spielende Kinder frei lassen. Ich persönlich würde gerne in einer Straße wohnen, die einem Garten gleicht, mit Bäumen und Pflanzen, weniger oder gar keinen Autos, mehrere schattige Sitzgelegenheiten und Tische, die zum Leben und sogar draußen arbeiten einladen, vielleicht freies WLan, diverse Wasserspiele, Spielgeräte für Kinder etc. Dafür würde ich gerne ein paar Meter Fußweg zum Auto oder besser noch zur Bahn in Kauf nehmen.
Das alles ist aber Arbeit. Arbeit an einer Idee für ein gutes Leben in Viernheim. Arbeit an der Demokratie. Überzeugungsarbeit. Arbeit an einem positiven Zukunftsbild. Offenbar sind die Verantwortlichen dazu nicht bereit und versuchen es lieber mit der groben Keule gegen die Bürgerschaft. Wobei: Nicht gegen die gesamte Bürgerschaft. Viele sind davon nicht betroffen und finden es gut, „wenn alle in ihren Höfen und Garagen parken“. Blöderweise haben aber nicht alle eigene Höfe und Garagen, die sie nutzen könnten. Oder es wohnen hier mehr Leute mit Autos als es Höfe gibt. Wohin Zwang und Keule wohl führen werden? Zu weniger Autos oder noch mehr Unmut gegen Politik und Stadt? Und das obwohl die Bürgerschaft ja für kurze Zeit die Chance bekommen hat, sich gefälligst freiwillig dafür zu entscheiden…

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