Tellerrand fest im Blick
Ja, der Blick über den Tellerrand… – jeder weiß, dass es wichtig wäre, mal darüber hinaus zu schauen, doch viel zu selten macht’s auch einer. In vielen Unternehmen, Organisationen und auch in unserer Stadtgesellschaft bewegen wir uns viel zu oft in den uns bekannten Denk-Sphären. Dabei ist es oft so, dass Probleme, die wir hier vor Ort haben, anderswo schon gelöst sind. Oder es neue Ansätze gibt, sie zu lösen oder zu versuchen sie zu lösen. Mit diesen sollten wir uns verstäkrt befassen, um dann entscheiden zu können, was davon gut für Viernheim sein kann. Dazu muss man aber WISSEN, was es sonst noch gibt auf der Welt.
Technologie als möglicher Gamechanger
Die Technologie kann in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle einnehmen. Immer mehr Programmierer, Wissenschaftler, Politiker und Gründer sehen in (neuen) Technologien einen möglichen Gamechanger für globale und lokale Probleme. Künstliche Intelligenz, Blockchain, Big Data, Internet of things und andere können hier unterstützen. Das Weltwirtschaftsforum hat festgestellt, dass die Technologien der vierten industriellen Revolution eine große Wirkung auf zehn der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen haben können.
Machine-Learning und Klimaschutz
Ein Beispiel ist das Thema Klimaschutz. Viele Lösungen, die im Klimaschutzkonzept der Stadt Viernheim stehen, haben den Verzicht und eine Änderung des Lebensstils zur Grundlage. Aber es gibt eben noch viel mehr Möglichkeiten, die notwendigen Ziele des Klimaschutzes zu erreichen.
Künstliche Intelligenz zum Beispiel. Wie wäre es, den Klimawandel mit Künstlicher Intelligenz zu bekämpfen? Die Organisation „Climate Change AI“ hat sich dieses Ziel auf die Fahne geschrieben und dargelegt, wie 13 Branchen und Sektoren durch maschinelles Lernen klimaschonender werden können.
Technologie kann also weiterer Treiber der Bemühungen in Viernheim sein.
Ziele und Klimaschutz
Im Klimaschutzkonzept der Stadt hat das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein zu wollen. Oder bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen unter 4 Tonnen pro Einwohner und Jahr zu reduzieren. Das ist schon herausfordernd. Aber ist es auch ausreichend?
Die Firma Microsoft hat sich höhere Ziele gesetzt und will seine eigenen CO2-Emissionen rückwirkend bis zur Firmengründung 1975 ausgleichen und dabei auch die Umweltbelastung durch Lieferketten einschließen. Microsoft will dazu ab dem Jahr 2030 sogenannte „Negative Emissionen“ nutzen, um das jahrzehntelange Handeln auszugleichen. Damit wird sogar rückwirkend Verantwortung für entstandene Umweltschäden übernommen. Das Unternehmen will also schon 2030 klimaneutral sein und darüber hinaus sogar schon „Negative Emissionen“ produzieren.
Im Grunde übernimmt Microsoft damit rückwirkend die Verantwortung für entstandene Umweltschäden. Um CO2-Negativ zu werden sind verschiedene Maßnahmen geplant wie Aufforstungsprojekte, Maßnahmen zur Bindung von Kohlenstoff im Boden, Bioenergie in Verbindung mit CO2-Abscheidung und -Speicherung, sowie direkte CO2-Rückgewinnung aus der Luft.
Die Basis für Microsoft ist einen Innovationsfonds mit einer Milliarde US-Dollar, um die CO2-Emissionen auch rückwirkend bis zur Firmengründung im Jahr 1975 auszugleichen.
Inwieweit so etwas für Viernheim realistisch ist, sei einmal dahin gestellt. Dazu bin ich auch (noch) nicht Experte genug. Aber die Ziele, die wir uns mit dem Klimaschutzkonzept gesetzt haben, sind im Vergleich dazu nicht wirklich herausfordernd. Es geht also mehr und angesichts der angedrohten Szenarien sollten auch wir uns hier höhere Ziele setzen.
Wege und Klimaschutz
Was solche Beispiele zeigen, ist dass es noch mehr Wege gibt, die Klimaziele zu erreichen. Das Klimaschutzkonzept setzt doch stark auf den Verzicht. Ein solcher wäre zwar sicherlich wünschenswert, ich stelle aber in Frage, wie realistisch dieser ist. Wir werden auf die individuelle Mobilität noch viele Jahre nicht verzichten können, denn zu unterschiedlich sind die Mobilitätsanforderungen der Bürgerinnen und Bürger, als dass die Angebote des ÖPNV für die breite Masse eine attraktive Alternative sind. Je mehr wir auf solchen Lösungen beharren, um so mehr Zeit verlieren wir, andere, vielleicht bessere Lösungen zu finden.
Nur Beispiele
Die genannten Themen sollen nur Beispiele sein, den Blick über den eigenen Tellerrand zu richten. Es gibt unendlich viele Beispiele mehr. Das „Blick über den Tellerand werfen“ wird in Zukunft noch viel wichtiger werden. Die Entwicklungen schreiten überall auf der Welt voran und die Geschwindigkeit wird weiter zunehmen. Um hier Schritt halten zu können, um gute Lösungen für Probleme vor Ort finden zu können, um Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Stadtgesellschaft absehen zu können, müssen wir uns darauf einstellen.
Je besser wir das tun, umso besser sind wir dafür gewappnet und besser in der Lage, mit den Entwicklungen umzugehen und umso besser sind wir auch in der Lage, Sonder-Ereignisse wie Pandemien, Wetterkapriolen, Jahrhunderthochwasser, Katastrophen und was auch immer uns in der Zukunft noch erwartet, zu bewältigen. Resilient werden, widerstandsfähig werden, ist das Ziel.
Insofern wünsche ich mir, dass wir lernen, öfter den Blick über den Tellerrand zu werfen, um davon zu profitieren, was anderswo auf der Welt schon gedacht wurde und vielleicht sogar in der Zukunft wieder selbst Beiträge dafür zu leisten.
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