
Strompreis + 50 Prozent, Gaspreis +100 Prozent!
(Leserbrief für die Woche ab dem 19.4.2022 an SüdhessenMorgen und Viernheimer Tageblatt gesendet.)
Saftig! Saftig! 50 Prozent Aufschlag beim Strompreis und eine Verdopplung beim Gaspreis versenden die Stadtwerke gerade an ihre Kunden. (Bei den Kunden, die vorher schon einen teureren Tarif hatten, vielleicht etwas weniger.) Wenn es einen Beleg dafür braucht, wie abhängig Viernheim von fossilen Brennstoffen ist – hier ist er! Und wenn es je Bemühungen gab, sich mit CO2-freien Alternativen unabhängiger zu machen, sind diese offensichtlich gescheitert. Die Erhöhungen sind notwendig, weil die Stadtwerke mehr Geld bezahlen müssen für Strom und Gas auf den Energiemärkten, weil sie zu wenig davon lokal produzieren.
In der letzten Stadtverordnetenversammlung ging es auf Antrag der CDU genau um den Ausbau der Photovoltaik, die ein Baustein von mehr Unabhängigkeit ist. Ich habe vor dieser Versammlung schon in einem Leserbrief geschrieben, dass auch die von der CDU angepeilten Ziele noch viel zu niedrig sind. Beschluss der Versammlung ist nun, dass ein Konzept erarbeitet werden soll. Ein Konzept! Da können wir echt gespannt sein, WANN es zu diesem Konzept kommt und WIE es aussehen wird.
Alicia Hanf sagte in der Sitzung dem Vernehmen nach „Im Brundtlandbüro gibt es gute Konzepte!“. Das mag sein, aber entweder sind es nur „Konzepte“ oder es sind Konzepte für das Falsche. Auf jeden Fall haben uns die Konzepte des Brundtlandbüros die aktuelle Preiserhöhung nicht erspart. Wissen Sie, liebe Leserin und lieber Leser eigentlich, dass die Kilowattstunde aus Photovoltaik weniger als 8 Cent kostet? Die Erhöhung jetzt beträgt das Doppelte des Strompreises aus Photovoltaik! Was läuft da wohl verkehrt? Hätten wir eine viel höhere Eigenversorgung mit lokaler Energie, wäre uns die Erhöhung erspart geblieben.
Was sind denn die verfolgten Konzepte? Bisher sollten wir vor allem Energie sparen. Das ist natürlich nicht grundsätzlich falsch. Aber um die Preiserhöhungen zu kompensieren, müssten die Bürgerinnen und Bürger den Stromverbrauch mal eben um ein Drittel senken und den Gasverbrauch mal eben halbieren. Wie soll das gehen? Mit „Sparen“ wohl eher nicht. Vielleicht mit den ehrenamtlichen Bürgersolarberatern? Die fangen demnächst an, die Bürgerinnen und Bürger zu beraten, sich eine eigene PV-Anlage auf das Dach montieren zu lassen. Das ist ein tolles Angebot für Interessierte. Aber wie viel Leistung wird sich über diesen Weg pro Jahr und vor allem kurzfristig installieren lassen?
Die Photovoltaik muss massiv ausgebaut werden! Punkt! Auf jedes öffentliche Dach muss eine PV-Anlage, am besten auf die Hallen und Gebäude von Unternehmen ebenso, Parkplätze müssen überbaut werden, eventuell sogar Straßen und auf möglichst viele Dächer von Bürgerinnen und Bürgern – überall müssen Solarmodule Strom aus Sonne produzieren. Damit es schnell geht, MÜSSEN die Stadtwerke das übernehmen und gezielt auf die Besitzer geeigneter Dächer zugehen. Die Handwerker, die Solaranlagen installieren, sind alle ausgebucht. Wenn man nennenswert etwas erreichen will, müssen die Stadtwerke 3-4 Monteure einstellen und einen Ingenieur für die Planung. Dann müssen Sie die Solarmodule und die notwendige Elektronik in großen Mengen einkaufen. Das spart Geld und nur so geht es nennenswert voran. Jede Woche müssen 2-3 Anlagen neu in Betrieb gehen. Mindestens.
Für das Gas ist Biogas eine Alternative. Am besten nicht das Biogas aus Weizen und Mais sondern das Biogas aus Klärschlamm, Abwässern, Gülle. Der nächste Punkt ist der Ausbau von Fernwärme und die Nutzung der Geothermie. Wer die Presse in den letzten Wochen verfolgt hat, weiß, dass sich andere Städte der Region massiv um die Geothermie, also die Wärme aus der Erde kümmern. In 3000-4000 Metern Tiefe gibt es heiße Schichten, deren Wärme in ein Fernwärmenetz eingespeist und in Strom umgewandelt werden kann. Wenn die Verantwortlichen von Stadt und Stadtwerken Zeitung lesen, könnten sie die Idee schon einige Jahre verfolgt haben. Haben die Verantwortlichen das? Öffentlich wurde das auf jeden Fall noch nicht diskutiert. Aber vielleicht kommt ja jetzt jemand wie Kai aus der Kiste gesprungen und hat ein fertiges Konzept im Sack?
Also eigentlich nicht so schwer. Machen müsste man halt. Die Vorschläge liegen schon länger offen auf dem Tisch, aber es wurde viel zu wenig getan. Da heißt es dann: „Die Bürger sind noch nicht so weit!“ oder auch über manch einen Verantwortlichen an der Spitze hört man „Herr X will das nicht…“. Das Nichtstun der vergangenen Jahre baden nun alle Bürgerinnen und Bürger mit dem hohen Strom- und Gaspreis aus. Größere und wirksame Schritte wären jetzt mal gut! Für das Klima UND gegen die enormen Preisausschläge, die uns hier aktuell präsentiert werden.