Recht und Ordnung in Viernheim
Am 5. März 2023 habe ich eine Mail an den Bürgermeister und den Leiter des Ordnungsamtes geschrieben zu den aktuellen Bemühungen, uns Viernheimern Recht und Ordnung beizubringen. In der Vergangenheit gab es immer wieder mal Verschärfungen der Strafen, eine Verstärkung der Kontrollen und mehr Blitzer – aber nie wirklich eine Verbesserung. Eher wurde es noch schlimmer. Die gesteigerten Aktivitäten des Ordnungsamtes zeigen, dass es auch in der Wahrnehmung der Verantwortlichen offenbar nicht besser wird. Sonst müsste man die Maßnahmen nicht erhöhen.
Ziel meiner Mail war es, eine Idee zu platzieren, der man mal intensiv nachgehen sollte und die vielleicht tatsächlich eine Verbesserung nach sich zieht. Mal schauen, wie es weitergeht.
Hallo Matthias
, hallo Herr Geschwind,mir ist das Gerücht zu Ohren gekommen, dass Abteilungsleiter der Stadtverwaltung inzwischen ob meiner Leserbriefe ätzen „Frag doch den Theymann“. Auch die Kritik, ich sei ein „Besserwisser“, geht in verschiedenen Kreisen herum. Ich kann damit leben. Ganz im Gegenteil, ich empfehle, die Besserwisser ernster zu nehme und zu schauen, was sie für Lösungen und Ideen anbieten. Es muss ja nicht gleich der Theymann sein. Mir begegnen immer mehr Menschen, die ihre Geschichten und Erlebnisse mit der Stadtverwaltung und ihren Verantwortlichen erzählen. Darunter viele Besserwisser, die bedeutende Probleme wesentlich schneller, besser und kostengünstiger hätten lösen können. Ein verschenktes Potenzial.
Als „Besserwisser“ möchte ich gerne einen Hinweis zum Thema Recht und Ordnung geben, keine fertige Lösung, aber ein möglicher Suchweg.
Aktuell seid Ihr stark hinterher, für Recht und Ordnung zu sorgen. Mehrfache Beiträge in der Presse, der neue Bußgeldkatalog, mehr Kontrollen, mehr Blitzer. Letztendlich ist es wieder ein „Mehr desselben“ der vergangenen Jahre. Gefühlt wurde mit jedem neuen Stadtrat bzw. Dezernenten für das Ordnungsamt der freiwillige Polizeidienst aufgestockt und immer wieder gab es – wie jetzt – Aktionen, wo die Stadt versucht, die Dinge in den Griff zu bekommen. Das Ziel ist dabei klar und gut: mehr Rücksicht der Bürgerinnen und Bürger untereinander, mehr Miteinander, weniger Egoismus etc.
Das Problem dabei ist, in den Augen der Bürgerinnen und Bürger wurde und wird es nicht besser, sondern eher schlimmer. Mehr Dreck, mehr Falschparker, mehr Behinderung, mehr Hundekot auf den Straßen. Trotz hoher und immer höherer Strafen. Es wird immer schlimmer, es wird mehr und mehr kontrolliert und es wird noch schlimmer. Seit Jahren.
Ich stelle mir die Frage, ob das Vorgehen sinnvoll ist. Auf mehr Unordnung reagiert das Ordnungsamt seit Jahren mit mehr Kontrollen, Regeln, Blitzern. Daraus resultiert aber nicht eine Verbesserung, sondern das Gegenteil. Die Frage ist, ob es hier einen Zusammenhang gibt bzw. ob das Mehr an Kontrolle vielleicht sogar zu einem Mehr an Verstößen führt?
Hinzu kommt, dass in den verschiedenen Städten auch ein unterschiedliches Maß an Unordnung herrscht. Es gibt zum Beispiel vergleichende Studien zu Verkehrsvergehen. In manchen Städten ist es besser, in anderen schlimmer. Woran liegt das wohl? Sind die Viernheimer per se schlimmer als die Leute in Städten, in denen es ordentlicher zugeht? Ich vermute nicht. Also muss es an etwas anderem liegen.
Wenn Ihr erfolgreich sein wollt, in dem, was Ihr im Bereich öffentliche Ordnung tut, ist es sinnvoll dem einmal nachzugehen.
Die Sozialwissenschaften befassen sich mit solchen Themen und es lohnt sich, hier mal intensiv zu recherchieren. So gibt es beispielsweise Studien, die untersuchen, warum sich Menschen über Vorschriften hinwegsetzen. In einer recht aktuellen Studie kamen die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass – hier ging es um Mitarbeiter in Unternehmen – Mitarbeiter Regeln häufiger brechen, wenn sie kontrolliert werden. Die Wissenschaftler erklärten das damit, dass bei fehlender Kontrolle vor allem die Vernunft und individuelle Ethik das Handeln bestimmen. Das Handeln erfolgt auf Basis ihrer Werte, die Regeln einzuhalten und das in sie gesetzte Vertrauen zu bestätigen. Erfolgen allerdings Kontrollen, wird abgewogen: Was ist der persönliche Nutzen und wie hoch ist das Risiko, tatsächlich erwischt zu werden. Oder die Erkenntnis, dass es auch darauf ankommt, wie Regeln kommuniziert werden. Zum Beispiel sind Verbote weniger effektiv als Gebote. Und diverse mehr.
Das könnte möglicherweise erklären, warum mehr Kontrollen zu mehr Vergehen führen. Ich bin weit davon entfernt, mich hier tiefgehend befasst zu haben. Die Thematik ist aber spannend und ich werde das vielleicht bei Zeit im Rahmen meiner „anderen Hobbys“ noch tun. Aber hier liegen sicherlich Chancen, tatsächlich etwas zu verändern.
Ich rege an, nach alternativen Vorgehensweisen zu suchen, die bestenfalls tatsächlich zu einer Verbesserung der Situation führen. Hier wird es dann auch keine einfachen Ergebnisse geben im Sinne „Lasst die Kontrollen sein und alles wird gut“. So einfach ist es nicht. Aber es ist es wert, sich damit zu befassen und die Viernheimer Welt tatsächlich ein bisschen besser zu machen. Denn letztendlich ist es der Erfolg der zählt und nicht, wie viel Bemühungen in ein Thema gesteckt wurde.
Eventuell werde ich die Thematik später auch in einem Leserbrief aufgreifen. Derzeit sind allerdings andere Themen vorrangig. Ich glaube, dass mit konstruktivem Vorgehen, idealerweise wissensbasiert und vor allem messbaren Entwicklungen Erfolge wahrscheinlicher werden. In diesem als auch in anderen Themen. Die ganze Mail nur als Anregung. Macht was damit oder lasst es sein.
Der Transparenz wegen, werde ich diese Mail auf der Webseite https://lust-auf-viernheim.de veröffentlichen. Ich erwarte keine Antwort auf diese Mail und bin gespannt, wie es im Thema weitergehen wird. Bei eventuellen Antworten oder Reaktionen behalte ich mir vor, diese zu veröffentlichen.
Beste Grüße
Wolfram Theymann