Das Rathaus
Diskussionen um die Sanierung des in die Jahre gekommenen Rathauses haben in Viernheim inzwischen gewissermaßen und leider eine langjährige Traditon. Bereits im Jahr 2009 wurde ein Bürgergutachten erstellt und veröffentlicht, welches verschiedene Varianten (Sanierung, Teilabriß-Teilneubau und Neubau) geprüft und sich dann mit Mehrheit für einen Neubau entschieden hat. Und auch vor 2009 wurde schon diskutiert, wie man mit herabfallenden Fassadenteilen umgehen soll. Also alles keine neue Diskussion.
In den letzten Monaten hat sich das Parlament nun für eine Sanierungslösung entschieden, die den Meldungen in der Presse nach, gegenwärtig geplant wird. Aktuell hängt man an einem Problem fest, denn man plante die neue Fassade an der alten Fassade zu befestigen obwohl das Herabfallen von Teilen der alten Fassade ein Grund für die Sanierungsbedürftigkeit ist. Auch bautechnisch gibt es also das eine oder andere Fragezeichen.
Vergeben wir gerade Chancen?
Aber ich will gar nicht so sehr auf diese Diskussion eingehen, zumal mir da tiefere Einblicke fehlen. Viel bedeutender finde ich, dass man sich Gedanken machen sollte, was man mit dem Rathaus an seinem zentralen Standort im Herzen der Stadt noch erreichen könnte. Dies habe ich vor einigen Monaten bereits in Teilen einem Leserbrief zu Besten gegeben. Ich fürchte, wenn wir als Stadtgesellschaft das Thema nur als Wiederherstellung eines Bürogebäudes für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung betrachten, vergeben wir beste Chancen für die Belebung der Innnenstadt und in anderen Bereichen.
Stadtentwicklung im Herzen der Stadt?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben angemessene Arbeitsplätze verdient, aber mit seinem Standort in der Innenstadt kann das Rathaus auch weit mehr für die Entwicklung der Stadt leisten. Zumal es sich dabei um die vermutlich auf lange Sicht letzte Chance handelt, die Innenstadt nachhaltig in irgendeiner Weise voran zu bringen.
An anderer Stelle dieser Webseite bin ich der Frage nachgegangen, wie man das Problem in der Innenstadt lösen müsste. Kern diese Ausführungen ist, den Handel aus der Bürde, dies zu tun, zu entlassen, und die Verantwortung als Stadt selbst zu übernehmen. Damit muss sich die Stadt überlegen, welche Erwartungen und Ziele sie an und für ihre Innenstadt hat und wie sie diese erfüllen möchte. Sollte man sich hier darauf einigen, einen attraktiven Treffpunkt in der Stadt zu schaffen, müsste man eben auch genau dies tun. Dazu können die Planungen zum Rathaus beitragen und viele Ideen wurden bereits 2009 im Bürgergutachten festgehalten.
Lebenswerter Mittelpunkt
Die Chance liegt darin, das Rathaus zu einem „Frequenzbringer“ für die Innenstadt zu machen, in dem man dort vieles geschehen lässt, was Menschen in die Stadt bringt und sie einlädt, sich dort aufzuhalten. Das Rathaus würde so Teil eines Konzeptes für die Innenstadt werden.
Wie würde sich die Innenstadt wohl entwickeln, wenn das Rathaus die zum einen Stadtverwaltung beherbergen würde und zusätzlich…
- auf dem Dach eine attraktive Rooftop-Bar/Bistro im ansonsten grünen Dachgarten des Rathauses wäre, von der aus man eine fantastische Aussicht auf Viernheim und die Bergstraße hat?
- eine Rathausbühne ein laufendes kulturelles Programm bietet?
- ein Coworking-Space Möglichkeiten bietet, mobil zu arbeiten, ohne dies im Homeoffice tun zu müssen?
- ein Rathauskindergarten einen Platz für fehlende Kindergartenplätze bietet?
- die Volkshochschule einen Teil ihres Angebots in die Innenstadt velegt und den Teilnehmenden die Möglichkeit gibt, vor und nach dem Kurs noch mit der Gruppe in der Stadt zu verweilen?
- Veranstaltungs- und Versammlungsräume für Treffen und Events der Vereine oder auch Unternehmen bietet?
- der Garten im, am und auf dem Rathaus ein zusätzlicher Stadtpark als auch Beispiel gelungener Gebäudebegrünung ist und dies zusammen
- mit der Holzbauweise (CO2-neutrale Bauweise) des gesamten Gebäudes und seiner Fassade architektonischer Anziehungspunkt für Interessierte aus der Umgebung ist?
- Spielplatz für jüngere Stadtbesucher ist?
- die Skateanlage, die nach Feierabend im Rathaus geöffnet wird, auch jugendliches Publikum anzieht?
- Musik- und Kunsthalle ist?
- Theaterbühne ist?
- Internetcafé ist?
- in heißen Sommern durch die Klimatisierung den Bürgerinnen und Bürgern eine Möglichkeit der Abkühlung bietet?
- einen Makerspace beherbergt, der jung und alt zum Basteln, Werken und „Machen“ anregt und gleichzeitig neuartiger Lernort wird?
- …
Es gibt sicherlich noch viel mehr Ideen. Allen ist letztendlich gemein, dass zu unterschiedlichen Tageszeiten Menschen in die Innenstadt kommen, die dort etwas zu tun haben, sich vorher und anschließend vielleicht noch dort aufhalten und im attraktiven Umfeld verweilen. Was spricht denn dagegen, wenn man nach dem Französischkurs noch ein Glas französischen Rotwein in der Rooftop-Bar zu sich nimmt? Und wie würde sich wohl der Handel in der Innenstadt entwickeln, wenn ständig Menschen in der Stadt sind? Und wie wäre es, bei allem Jammern, dass wir keine sehenwerte Altstadt haben, damit zu beginnen, Gebäude zu schaffen, die jetzt und in Zukunft sehenswert sind?
Welchen „Sinn“ macht Stadt?
Sind Städte nicht mehr als nur eine Ansammlung von Gebäuden und Infrastruktur? Ist es nicht der Sinn von Städten, Menschen dazu zu bringen, zusammen zu kommen, zu arbeiten, zu lernen, zu leben, zu spielen? Gebäude und Infrastruktur sind eher die „Enabler“, die Ermöglicher. Treiber für das Zusammenleben in der Stadt sind andere Dinge, die wir mit einem solchen Konzept für das Rathaus und die Innenstadt ermöglichen würden.
Mehrwert für die Menschen
Ein solches Rathaus wäre nicht nur der Ersatz eines Bürogebäudes für die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sondern bietet für alle Bürgerinnen und Bürger einen ausgesprochenen Mehrwert. Das ist bei vielen Projekten, die aktuell viel Geld kosten, nicht der Fall. Die Harbighalle ist nach der Dachsanierung wieder hergestellt. Das ist gut und notwendig, aber der Mehrwert ist gleich null. Beim Rathaus können wir es anders machen!
Umweltaspekte bei Sanierung oder Neubau
Ein weiterer Aspekt könnte sein, besonders Wert auf Umweltaspekte bei der Sanierung oder einem Neubau zu legen. Das zeigt dann auch die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen bezüglich der im Klimaschutzkonzept genannten Punkte. Ein Bau, der am Ende Heizendergie einspart, wird sicherlich kein strittiger Punkt sein.
Aber das Thema Dach- und Fassadenbegrünung oder Holzbauweise bei Neubau oder bei einer vorgesetzten Fassade, könnte zusätzlich zeigen, dass man CO2 nicht nur vermeiden will, sondern auch Werkstoffe einsetzt, die ihrerseits CO2 speichern und nicht so energieaufwändig sind wie beispielsweise Beton. Idealerweise stünde es der „Brundlandstadt“ auch gut zu Gesicht, überhaupt CO2-neutral zu bauen.
Ebenso sollte mehr über das Thema „Smart Building“, das clevere Gebäude gesprochen werden. Durch intelligente Anwendungen und Kontrollsysteme für Heizung und Kühlung, Beleuchtung und Temperaturen automatisch an die Nutzung der Räumlichkeiten und Nutzungszeiten anpassen und vieles mehr, könnens ich positiv auf den CO2-Fußabdruck des Gebäudes auswirken.
Die Stadt könnte hier zeigen, dass sie es Ernst meint und mit gutem Beispiel voran gehen, anstatt nur von den Bürgerinnen und Bürgern das entsprechende Engagement einzufordern. Abgesehen davon bieten solche Schwerpunkte sicherlich auch für das Stadtmarketing einige Anknüpfungen und könnte zusätzlich Menschen in die Innenstadt bringen, die einfach sehen wollen, was in Viernheim Tolles passiert.
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