Landtagswahl 2023: Ole Wilkening
Das ist die Antwort von Ole Wilkening von der FDP auf unsere fünf Fragen an die Direktkandidaten zur Landtagswahl 2023. Mehr zu der Aktion finden Sie hier!
Die finanzielle Situation der Kommunen ist angespannt. Warum sind die Kommunen so klamm? Können die nicht mit Geld umgehen oder bekommen sie davon einfach zu wenig?
Was die finanzielle Situation vieler Kommunen angeht, sind die Probleme und Ursachen vielfältig. Ein Hauptproblem ist definitiv die schwindende kommunale Selbstverwaltung. In den vergangenen Jahren wurde durch Steuererhöhungszwänge im Rahmen der sogenannten Herbsterlasse der Kommunalaufsicht und durch die Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs die kommunale Selbstverwaltung erheblich beschnitten. Kommunalparlamente mussten die Steuern pauschal ohne jeglichen eigenen Ermessensspielraum erhöhen. Wir Freie Demokraten werden die Eigenverantwortung der Kommunalparlamente wieder in den Vordergrund rücken und diese stärken. Nur so wird man auch in Zukunft Menschen finden, die sich ehrenamtlich für ihre Kommunen einsetzen wollen.
Die Steuererhöhungserlasse der Landesregierung sind daher aufzuheben und die Steuererhöhungsspirale bei Grund- und Gewerbesteuer damit zu beenden. Der Kommunale Finanzausgleich muss überarbeitet werden, insbesondere bzgl. der Mittel für den ÖPNV, Krankenhäuser und Asyl/Flüchtlinge. Kommunale Selbstverwaltung muss wieder gefördert werden: Dazu bedarf es einer langfristig ausreichenden Finanzausstattung der Städte und Gemeinden, einer vollständigen Übernahme sämtlicher Kosten für ih- nen übertragene Aufgaben und eines Ausbaus der kommunalen Zusammenarbeit, um bei grundsätzlicher Wahrung der gewachsenen Strukturen den Veränderungen Rechnung zu tragen.
Ich finde es problematisch, dass Kommunen jeder Förderung hinterherrennen müssen, nur damit sie irgendwie an Geld kommen können. Die Fördermittelvergabe muss entwirrt werden: Hessen sollte den Kommunen einen Fördertopf nach diversen Vorgaben zur Verfügung stellen, damit diese sich wieder mehr selbst verwalten können. Aus diesem Fördertopf sollen die Kommunen Gelder – natürlich verpflichtend – für Maßnahmen ihrer Wahl nutzen können.
Kommunen sind oftmals auch mit bürokratischen Vorgaben überfordert und von Personalmangel in der Verwaltung gezeichnet. Hier kann die Digitalisierung der Ämter enorm helfen. Wir brauchen ebenso Digital- und Bürokratiechecks für alle künftigen Gesetze im hessischen Landtag.
Energiewende: Dass in Zukunft jeder, der eine Heizung hat, einfach eine Wärmepumpe kauft, wird, insbesondere in den älteren Stadtteilen von Viernheim, nicht funktionieren. Mit der kommunalen Wärmeplanung, die das Land Hessen schon im November letzten Jahres den Städten aufgegeben hat, rücken städtische Lösungen wie Wärmenetze und anderes in den Blick.
Wie kann Ihrer Meinung nach die Wärmewende in Viernheim gelingen? Was wollen Sie als zukünftiges Mitglied des Landtags dazu beitragen?
Wir brauchen eine technologieoffene und ideologiefreie Energiepolitik, die eine sichere und bezahlbare Energieversorgung in Hessen ermöglicht und unsere Klimaziele wirksam umsetzt. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern müssen wir eine neue Energieversorgungsstruktur entwickeln, die eine unabhängige, sichere und bezahlbare Versorgung im Einklang mit den klimapolitischen Zielen erlaubt. Inländische Energieressourcen sind verstärkt zu nutzen. Dabei darf es keine Förderverbote geben, ebenso wenig wie Verbote einzelner Technologien. Im Sinne der Energieeffizienz wollen wir außerdem sicherstellen, dass die in Rechenzentren erzeugte Abwärme in lokale Nahwärmenetze eingespeist wird und damit sinnvoll zur Quartiersentwicklung beiträgt. Ein lokales Wärmenetz ist auch für die Kommunen im Kreis, also auch Viernheim, zu befürworten. Hier muss sich das Land dafür einsetzen, dass dies umgesetzt wird! Bis Ende des Jahres fördert der Bund das Erstellen kommunaler Wärmepläne, Viernheim sollte dieses Angebot nutzen.
Für die Erreichung unserer energiepolitischen Ziele sind Energieeinsparungen und die Steigerung der Energieeffizienz besonders wichtig. Daher wollen wir die vorhandenen Maßnahmen und Programme der Landesregierung deutlich ausbauen. Für Großverbraucher sind individuelle Lösungen notwendig
Bildung ist Ländersache! Wer Kinder hat, kann ein Lied davon singen: Klassen mit vielen Kindern, die kein oder nur sehr schlecht Deutsch können, ein Viertel der Viertklässler kann nicht richtig lesen, überforderte Lehrer, schlecht ausgestattete Schulen und von Zukunftsthemen auf dem Lehrplan keine Spur. Was ist Ihre Idee, die Situation zu verbessern und was kann Ihrer Meinung nach Viernheim zusätzlich dazu beitragen?
Hessen´s Bildungssystem muss kräftig umgekrempelt werden – von der frühkindlichen Bildung bis hin zum lebenslangen Lernen.
Wir brauchen mehr Sprachkurse im Kindergarten, um sicherzustellen, dass geflüchtete Kinder und Kinder aus immigrierten Familien beste Chancen auf schulischen Erfolg haben. Hier ist es wichtig, dass entsprechende Stellen – mit entsprechender Bezahlung – in Kindergarten und Vorschule geschaffen werden.
Die Sprachförderung darf aber nicht hier stoppen, sondern muss sich auch durch die Grundschule durchziehen. Ebenso bin ich der Auffassung, dass es von enormer Relevanz ist, dass Schülerinnen und Schüler weiterhin Schreibschrift lernen und so nochmal einen ganz anderen Bezug zu Sprache und Schrift erhalten. Das sind weitere Belastungen für Grundschullehrkräfte, weshalb es nur richtig ist, dass diese fair bezahlt werden. Daher fordern die FDP und ich auch A13 für Grundschullehrer.
Hessische Schulen müssen Vorreiter in Sachen Digitalisierung werden. Jedes Schulkind braucht ein Tablet für den Unterricht, jedes Klassenzimmer ein Smartboard für digitale Lehrveranstaltungen. Die Digitalisierung eröffnet neue pädagogische Maßnahmen für den Unterricht – er kann viel interaktiver als zuvor gestaltet werden und damit neue Fähigkeiten vermitteln und manchmal auch einfach mehr Spaß machen als Frontalunterricht.
Ebenso benötigen wir flächendeckenden Informatikunterricht, der seinen Namen auch verdient. Hier müssen Programmiersprachen beigebracht werden, sowie ein vernünftiger Umgang mit Excel und PowerPoint, der wirklich auf das spätere Leben vorbereitet.
Lehrpläne müssen generell ans 21. Jahrhundert angepasst werden. Auch müssen Ausbildungen wieder mehr ins Rampenlicht gerückt werden und in weiterführenden Schulen behandelt werden. Mir ist es ein großes Anliegen, dass der Meister endlich dem Master gleichgestellt wird. Berufsschulen müssen erhalten bleiben und besser unterstützt und ausgestattet werden. Berufsorientierung muss stärker als verpflichtender Teil im gymnasialen Kerncurriculum verankert werden.
Schulen sind Kreis- und Landesaufgabe, daher hat Viernheim leider nicht allzu viel Einfluss, kann sich aber auf Landes- und Kreiseben stark für digitale Angebote machen. Viernheimer Eltern und die Politik können Petitionen unterstützen und das Gespräch mit Entscheidungsträgern suchen, denn es geht um die Zukunft unseres Landes.
Steigende Lebenshaltungskosten: Wohnen, Energie, der tägliche Einkauf – das Leben wird immer teurer und viele Bürgerinnen und Bürger kommen an ihre finanziellen Grenzen. Was wollen Sie als Mitglied des Landtags hier tun? Für welche Lösungen werden Sie sich einsetzen?
Wir brauchen jetzt umfassende Entlastungen für Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen. Es darf für diese Menschen keine (versteckten) Steuererhebungen geben, sondern Steuersenkungen. Hessen muss schnell erneuerbare Energien ausbauen – was man die letzten Jahre leider verschlafen hat – um so den Strompreis runterzudrücken und die Bürger vor Ort zu entlasten. Diese Investitionen dürfen nicht länger an komplexen Genehmigungsverfahren scheitern! Die Stromsteuern sollten ebenfalls auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
Die hessische Bauordnung muss verschlankt werden, um den Neubau von bezahlbaren Wohnungen zu ermöglichen und zu beschleunigen. Aber Hürden für neue Wohnungen finden sich nicht nur auf Landesebene. Mit Bundesratsinitiativen wird sich eine liberale Landesregierung dafür einsetzen, dass auch das Bundesrecht nicht mit unnötigen Vorschriften, wie Lichtgutachten und anderen langwierigen Prozessteilen, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ver- und behindert. Bezahlbare Mieten brauchen bezahlbares Bauland. Das Land Hessen soll sich deswegen dafür einsetzen in Zukunft mehrere Baulandausweisungen in einer Region gleichzeitig durchzuführen. Statt wie bisher scheibchenweise ein Projekt nach dem anderen zu ermöglichen. Diese Praxis sorgt dafür, dass alle potenziellen Entwicklern sich gegenseitig für ein einzelne Projekte überbieten und so den Preis durch künstliche Knappheit in die Höhe treiben.
Ebenso müssen bisher temporäre Maßnahmen wie die teilweise geschehene Mehrwertsteuersenkung auf 7% beibehalten werden.
Hessen muss weiterhin die Schuldenbremse einhalten, um die Inflation nicht weiter zu nähren und zukünftigen Generationen keine Berge an Schulden zu hinterlassen.
Zu guter Letzt noch etwas Persönliches: Was reizt Sie an Ihrer Kandidatur? Warum wollen Sie als Politiker oder Politikerin tätig sein? Was sind Ihre Wertvorstellungen, mit denen wir als Bürgerinnen und Bürger es dann zu tun haben werden?
Ich war schon von klein auf politikbegeistert. Ausgelöst hat das der Bürgermeisterwahlkampf des besten Freundes meines Papas als ich 9 Jahre alt war. Ich fand das damals sehr faszinierend und das Thema hat mich nicht mehr losgelassen.
Mit 14 bin ich schließlich den Jungen Liberalen beigetreten, weil ich selbst mitgestalten und mich für die Interessen der jungen Generation stark machen wollte. Daher habe ich 2021 auch erfolgreich für das Heppenheimer Stadtparlament kandidiert. Ich wollte Menschen zeigen, dass Kommunalpolitik eben nicht so trocken ist, wie oft gedacht und für mehr Transparenz sorgen.
Ich trete für den hessischen Landtag an, da mir die Bergstraße am Herzen liegt, hier bin ich geboren und aufgewachsen. Mir ist es wichtig, dass künftige Generationen weiterhin so gute Zukunftschancen haben können, wie ich sie hatte und habe.
Politik ist für mich kein Beruf, sondern eine Berufung. Es ist eine der größten Ehren in diesem Land, seine Mitbürger vertreten zu dürfen.
Ich selbst bezeichne mich als Liberalen ohne Bindestrich. Liberalismus ist mir gleichermaßen in der Gesellschafts- wie Wirtschaftspolitik wichtig. Deswegen bin ich auch den Jungen Liberalen und später der FDP eingetreten.
Viele Grüße
Ole Wilkening
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