Jeder will Digitalisierung
Zum Thema Digitalisierung habe ich ja an anderer Stelle bereits geschrieben. Insgesamt geht es bei dem Thema in der Diskussion oft eher technisch zu: es geht um Prozesse, die digital ablaufen sollen, um Computer in der Cloud und anderes. Das alles hat mit Digitalisierung zu tun und ist auch weitgehend die Basis dazu, aber eigentlich vor allem der „unwichtigste“ Teil. Es sind allenfalls die „Hausaufgaben“, die die Verantwortlichen dazu machen müssen.
Digitalisierung ist kein Ziel!
Digitalisierung ist kein Ziel, vor allem kein politisches Ziel. Digitalisierung ist Mittel zum Zweck! Das Ziel ist vielleicht eine produktivere Verwaltung, aber vor allem ein besserer Bürgerservice!
Ich hatte 2019 das Vergnügen auf einer Unternehmerreise selbst einen Einblick in die Digitalisierung von Estland zu erhalten. Estland ist Deutschland, was dieses Thema angeht, weit voraus und ist somit der Blick in eine mögliche Zukunft.
Die digitale Gesellschaft
In Estland ist das Ziel die digitale Gesellschaft. Damit ist nicht die Umstellung von Papier auf Computer gemeint sondern einen Gesellschaft, in der notwendige Prozesse nahtlos ineinander übergehen und Dinge automatisiert einfach geschehen. Das bringt einen konkreten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger wenn die Abwicklung der Bürokratie mit dem Staat schnell geht oder die Steuererklärung nur 5 Minuten braucht, weil alles schon vorausgefüllt ist.
Estland ist Deutschland da um Jahre voraus: Wird in Estland ein Kind geboren, erzeugt das Krankenhaus einen Eintrag im Melderegister. Dort wird eine eindeutige Kennung für das Kind angelegt, und zugleich erfolgt ein Eintrag im Familienministerium, sodass die Mutter Kindergeld erhält. Warum sollte man das extra beantragen müssen? Gibt es viele Eltern, die darauf verzichten? Für die Höhe des Kindergeldes ist eine Info über das Gehalt der Mutter und ihre gezahlten Steuern notwendig. Diese Informationen werden automatisch durch das Finanzamt übermittelt. Die Computer bearbeiten ihre Anfragen gegenseitig, ohne dass ein Mensch daran mitwirken muss. Das Kindergeld wird einfach ausgezahlt und fertig.
Kontrolle über die Daten
In Deutschland hätten die Bürgerinnen und Bürger mit einer solchen Verknüpfung von Daten und automatischem Datenaustausch ihre Schwierigkeiten. In Estland ist das kein Problem, denn die Esten haben die Kontrolle über ihre Daten. Das ist in Deutschland nicht der Fall. In Deutschland reden wir über die elektronische Patientenakte und keine Bürgerin und kein Bürger weiß, wer darauf alles Zugriff hat.
In Estland können die Bürgerinnen und Bürger sehen, wer Zugriff auf ihre Daten hatte. Das geschieht über ein zentrales Portal, in dem auch viele Staatsdienstleistungen abgerufen werden können. Mißbrauch wird da schnell öffentlich, denn es steht dort schwarz auf weiß, welche Behörde und welcher Mitarbeiter zu welcher Zeit auf die Daten zugegriffen hat.
Virtuelle Bürgerschaft als Dienstleistung
Estland ging mit der Digitalisierung so weit, dass Interessierten aus aller Welt eine virtuelle Bürgerschaft angeboten wird: die sogenannte E-Residency. Damit wird man digitaler Bürger von Estland.
Damit hat Estland seine Behörden virtuell für Menschen aus dem Ausland geöffnet. Aktuell geht das vor allem für Unternehmensgründungen, die in vielen Ländern mit viel Bürokratie, einer Menge Zeitaufwand und Ärger verbunden sind. In Estland – also in der selben EU, mit dem gleichen Bankwesen etc. – geht die Unternehmensgründung digital, kostet 75 Euro und spart jede Menge Bürokratie und Zettelwirtschaft. Steuern werden im Heimatland bzw. Wohnsitzland gezahlt.
Das ist ein Beleg dafür, dass Menschen zukünftig anfangen werden Staatsleistungen als Dienstleistungen anzusehen und sich für die entscheiden, die effizienter sind. Für Estland ist das heute ein Standortvorteil. Bereits 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts sollen bereits durch E-Residents ins Land kommen.
Herausforderungen neu denken
Merkmal einer digitalisieten Welt ist es, Herausforderungen neu zu denken. Estland hat das mit der Digitalisierung vorgemacht und mit der E-Residency noch eine Scheibe drauf gelegt. Für Deutschland heißt das, nicht den Trend der Digitalisierung zu verschlafen und die Führung in diesem Bereich nicht anderen zu überlassen. Dabe sitzt die KOnkurrenz gar nicht wie sonst in US-Amerika sondern eher in Asien.
In Viernheim gilt es die Chancen der Digitalisierung für die Stadt zu nutzen, bessere Bürgerservices zu entwickeln und die Technologe für das Vorankommen der Stadtgesellschaft zu nutzen.
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