
In welchem Viernheim wollen wir leben? Wie Viernheim Zukunft plant.
Für die Zukunft von Viernheim macht sich die Stadt viele Gedanken. So hat man zum Beispiel intensiv Bevölkerungsprognosen studiert und rechnet nun mit einem Wachstum der Bevölkerung in Viernheim in den nächsten 20 Jahren um 2000 Menschen. Um Wohnraum für alle diese Menschen zu schaffen, will die Stadt die Nordweststadt II bebauen und begründet dies ausdrücklich mit diesen Prognosen.
Wenn es um Kitaplätze geht, rechnet man offenbar schon seit Jahren eher mit einem Rückgang der Bevölkerung. Zumindest fehlen jedes Jahr erneut rund 200 Kitaplätze. Dieses Jahr werden wohl 230 Kinder keinen Platz in einer Kita in Viernheim finden. Für die Familien, die keinen Kitaplatz abbekommen, bringt das schwierige Zeiten mit sich, in denen ein Elternteil nur in Teilzeit oder sogar überhaupt nicht arbeiten kann. Über Alleinerziehende sprechen wir da noch gar nicht.
Jetzt wurden Planungen für den Neubau der Humboldtschule am östlichen Stadtrand öffentlich. Die Humboldtschule soll im Bannholzgraben neu gebaut werden und an Stelle der alten Humboldtschule sollen dann irgendwann Wohnungen für weitere 500 Menschen entstehen. Hier rechnet man wohl mit einer noch stärker steigenden Bevölkerung, als es die optimistischsten Prognosen hergeben. Würde man doch so auch bei den Kitaplätzen rechnen.
Einen weiteren Hinweis für die Zukunft von Viernheim findet sich im Sportentwicklungsplan. Dort rechnet man – oh Wunder – mit ABNEHMENDER Bevölkerung. Zusätzlich erfahren wir, dass man davon ausgeht, dass die Bevölkerung insgesamt älter wird. Es kommen also in Zukunft weniger Junge nach. Welche Konsequenzen die Stadt aus der älter werdenden Bevölkerung für das Bauen von Wohnungen zieht, klärt der Sportentwicklungsplan natürlich nicht. Ob man vielleicht jetzt schon an Kitaplätzen spart, weil die Bevölkerung in 20 Jahren ja älter sein soll?
Merkt eigentlich irgendjemand von Stadtverwaltung und Politik, was man da versucht uns zu erzählen? Wie passt das alles zusammen? Liest bei Stadtverwaltung und Politik eigentlich irgendjemand die Papiere, die da erstellt werden und erkennt vielleicht Widersprüche und Zusammenhänge? Oder argumentiert man einfach so, wie es gerade beliebt und die Stadtverordneten es den Verantwortlichen abnehmen?
Die Frage ist doch schon heute: Wollen wir das alles? Was ist denn der Plan oder die Idee einer Zukunft für Viernheim? Wenn man schon von steigenden Bevölkerungszahlen ausgeht, wie will die Stadt denn alle diese neuen Menschen anziehen? „Kitaplätzen für alle“ dürfte für die Werbung schon mal ausfallen. Immerhin gibt es bald ein schönes neues Schulzentrum, welches dann allerdings, für die 2000 neuen Bewohner in der Nordweststadt gelinde gesagt „eher dezentral“ liegen dürfte. Bezahlbarer Wohnraum für Leute, die nicht so viel Geld haben, wird weiterhin fehlen, denn die schönen neuen Häuser werden teuer. Seniorengerechte und bezahlbare Wohnungen für die älter werdende Bevölkerung fehlen ebenfalls. Finanziell ist die Stadt eher schlank aufgestellt und Bürgermeister und Erster Stadtrat wollen uns die höchsten Grundsteuern der Region aufbürden. Will man damit das Wohnen in Viernheim schmackhaft machen?
Mit Einfamilienhäusern kann man vielleicht noch Käufer anlocken. Andernorts geht man gegen die Wohnungsnot sparsamer mit den wenigen noch verbleibenden Flächen um und sieht eher Mehrfamilienhäuser vor, die nachhaltigere Wohnformen zulassen. Wie zukunftsfähig ist wohl eine solche Planung? Noch mehr Einfamilienhäuser für eine älter werdende Bevölkerung, die dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind, zu zweit auf 140 und mehr Quadratmetern und am besten noch mehreren Stockwerken wohnen?
Das alles sind politische Entscheidungen, die man so treffen kann oder auch anders. Aber wo will die Politik mit Viernheim hin? In den Entscheidungen und in den Ergebnissen der Politik kann ich keine Linie erkennen. Vielleicht sollten wir uns mal mit der Frage beschäftigen, in welchem Viernheim wir eigentlich leben wollen? Vielleicht wäre das ein gutes Thema für den Wahlkampf zum neuen Stadtparlament ab Herbst dieses Jahres und die Politiker geben mal ein paar konkrete Antworten, wie sie sich Viernheim in der Zukunft vorstellen. Am Handeln erkennt man das nämlich nicht.
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