Geht die Energiewende in Viernheim jetzt tatsächlich los?
(Leserbrief zum Antrag der CDU-Fraktion an das Stadtparlament mit konkreten Schritten für mehr Photovoltaikanlagen in der Stadt für die Woche ab dem 4.4.2022)
Es kommt Schwung in die Diskussion rund um das Thema Energiewende in Viernheim! Die CDU-Fraktion geht mit einem Antrag in die Stadtverordnetenversammlung am 8. April und fordert, 50 Prozent der Dächer mit Photovoltaikanlagen zu belegen. Sehr gut, endlich gibt es die reelle Chance, dass etwas vorangeht. Schluss mit dem Klein-Klein und irgendwelchen Überzeugungskampagnen!
Und klare Ziele werden genannt. 50 Prozent aller Dächer sollen es bis 2030 sein, alle Dachflächen der städtischen und aller weiteren öffentlichen Liegenschaften sollen geprüft werden, eine Solarpflicht für Neubauten und Dachsanierungen ist vorgeschlagen und weiteres mehr. Sehr gut. Ich hoffe
, dass das Stadtparlament dem Antrag zustimmt und sich endlich etwas bewegt in Viernheim und in Sachen Klimawandel.Auf meine Leserbriefe der vergangenen Wochen habe ich mehr und mehr Reaktionen von Bürgerinnen und Bürgern erhalten – bisher ausschließlich positive und zustimmende. Mit einigen bin ich sehr intensiv ins Gespräch gekommen. Es gibt in Viernheims Bürgerschaft jede Menge Kompetenz, um Viernheims Zukunft zu denken – gerade auch zum Thema Photovoltaikanlagen. Aus diesem Fundus an Knowhow möchte ich gerne den einen oder anderen Punkt noch ergänzen.
Ich freue mich sehr über den Vorstoß der CDU-Fraktion und wenn wir die Ziele des Antrags erreichen, ist es schon besser als das was bisher läuft. Aber vielleicht geht da noch mehr? Immerhin müssen wir auch noch Rückstände aufholen und der Klimawandel drückt. Wir müssen nachdenken, was wir im Vergleich zu den vergangenen Jahren anders machen müssen, um alles das zu bewerkstelligen. In den vergangenen Jahren hatten wir auch schon hehre Ziele, sind aber nicht wirklich weit gekommen.
Erstens: Sind die Ziele richtig bemessen?
Gemäß dem Energiemonitor des Landes Hessen sind in Viernheim PV-Anlagen mit einer Leistung von rund 8,5 MW installiert. In der Stadt Lampertheim sind bereits heute Anlagen mit einer Leistung von rund 25 MW installiert, also rund 3 Mal so viel wie Viernheim und das bei weniger Einwohnern und vermutlich auch bei weniger Dächern. Lampertheim hätte das Ziel von 30 MW aus dem CDU-Antrag in spätestens zwei Jahren schon erreicht. Wir liegen zurück und müssen mehr tun! Wir müssen mehr tun wegen dem Klimawandel und sollten mehr tun von wegen Brundtland und so…
Zweitens: Wie groß sind die Möglichkeiten?
Neben der Bürgersolarberatung, die die Stadt Viernheim gerade mit der Ausbildung von Solarberatern einrichtet, gibt es bereits seit 2017 eine ehrenamtliche Bürgersolarberatung im Kreis Bergstraße, die in den vergangenen Jahren bereits 400 Anlagen projektiert haben. Und diese Bürgersolarberatung hat für Viernheim ein Potenzial für die Photovoltaik von 179 MW für Dachanlagen errechnet. Hinzu kommt das Potenzial von zusätzlichen Freiflächenanlagen, (mietergeeignete) Balkonmodule, Fassaden, überbaute Parkflächen etc. Demnach ist das Potenzial für Viernheim noch viel viel größer. Wir müssen die Maßnahmen für die Energiewende größer denken. Der Antrag der CDU-Fraktion geht dabei in die richtige Richtung, aber ich denke, es muss noch größer gedacht werden!
Drittens: Wie schaffen wir es, den Zubau von PV-Leistung zu erhöhen?
Im Jahr 2021 kamen nur 0,5 MW an Leistung hinzu und im Jahr 2020 nur 1 MW. Wie können wir diese Zahlen vervielfachen? Und das bei mehr als ausgelasteten Handwerkern und sogar Fachkräftemangel in diesem Bereich. Hier muss ein schlüssiges Konzept erarbeitet werden. Im Jahr 2030 mit den Schultern zucken und sagen „Wir haben getan was wir konnten!“ gilt nicht! Die Lösung, auf die die Politik Einfluss hat, liegt bei den Stadtwerken. Diese sollten die Dächer selbst akquirieren (mit Klinkenputzen und nicht nur mit einem sonnigen Anschreiben!), die Anlagen planen und errichten. Das Ganze mit eigenem Personal inklusive eigenen Handwerkern. Wenn die Stadtwerke die Solarmodule und die Technik in großen Mengen kaufen, gibt’s außerdem Rabatt im Einkauf und wir kommen als Kommune günstiger an eine eigene Stromversorgung!
Ich hoffe, das Stadtparlament stellt am 8. April die richtigen Weichen. Das Schöne am Thema PV ist, dass die Zahlen dazu öffentlich zugänglich sind. Stadt und Stadtwerke haben sich in der Vergangenheit mit der Veröffentlichung von Zahlen sehr bedeckt gehalten und agierten bisher eher mit vollmundigen
, aber vagen Fortschrittsbekundungen. Hier können wir Bürgerinnen und Bürger ganz konkret nachvollziehen und bewerten, wie wirksam die Aktivitäten der Stadt in der Energiewende sind.Links & Quellen:
- Energiemonitoring Karte des Landes Hessen mit aktuellen Zahlen zu den einzelnen Städten
- Marktstammdatenregister