Ein kleineres Stadtparlament hilft der Demokratie nicht!
Die Politik denkt darüber nach, das Stadtparlament zu verkleinern. Es soll nicht mehr 45 Stadtverordnete geben, sondern vielleicht 37. Die Begründung ist, dass ehrenamtliches Engagement in der Kommunalpolitik generell rückläufig sei.
Doch ist das tatsächlich so? Wir haben aktuell und hatten in den letzten Wochen eine Initiativgruppe gegen die Nordweststadt II, eine dafür, eine gegen das Flüchtlingsheim in der Friedrich-Ebert-Straße, eine gegen das Flüchtlingsheim am Heinrich-Lanz-Ring, eine Gruppe befördert durch eigene Infoveranstaltungen und Aktionen die Energiewende und und und. Also jede Menge Engagement für die Kommune von ziemlich vielen Leuten gleichzeitig! Von rückläufigem Engagement kann man da wohl nicht ernsthaft reden!
Bessere Frage: Warum ist Engagement in den Parteien so unattraktiv?
Vielleicht sollten sich die Mandatsträger nicht Gedanken um eine Verkleinerung des Parlaments machen, sondern eher darum, warum es so unattraktiv ist, bei ihnen mitzumachen? Oder auch warum so viele, die gewählt wurden, während der Legislaturperiode ihr Mandat aufgeben und aus der Politik aussteigen? Oder warum nur noch so wenige auf Mitgliederversammlungen der Parteien kommen? Oder warum so viele aus den Parteien austreten? (Kleiner Hinweis: „fehlende Zeit“ ist es in den wenigsten Fällen wirklich!)
Wenn man die Demokratie stärken will, sollte man eher darüber nachdenken, was da schief läuft und nicht gleich das Parlament verkleinern. Denn auch das hat Konsequenzen für Engagement und Demokratie.
Wenn man mit Leuten spricht und ehrliche Antworten bekommt, heißt es, dass man gar nicht an wichtigen Entscheidungen beteiligt wird, dass Entscheidungen in kleinen exklusiven Kreisen getroffen werden, man diese aber mit vertreten soll, auch wenn man eigentlich anderer Meinung ist. Und in die exklusiven Kreise kommt man so schnell nicht rein. Oder eigene Initiativen innerhalb der Parteien werden nicht ernst genommen und landen im Nirwana. Oder Informationen werden nicht geteilt, dass man sich gar nicht erst traut, Vorschläge zu machen, weil man ja gar keine Ahnung hat.
Das alles klingt nicht so wirklich attraktiv, oder? Hier sollten die Parteien ansetzen und einfach mehr Mitsprache und Demokratie zulassen! Wenn man das richtig macht, klappt‘s auch wieder mit dem Engagement. Leute, die was bewegen wollen, gibt es viele. Sie müssen nur auch sehen, dass sich ein Engagement lohnt.
Und die Stadtverwaltung müsste etwas tun! Stadtverordnete berichten, dass sie erst wenige Tage vor Sitzungen Informationen und entsprechende Unterlagen zur Vorbereitung erhalten. Diese sollen sie dann in wenigen Tagen und oft auch ohne ein Wochenende dazwischen lesen, damit sie wissen, worüber zu entscheiden ist. Das ist für viele zeitlich oft nicht zu bewältigen. Früher und kürzer wäre hilfreich.
Warum macht die Stadt das? Vielleicht in bester Absicht, denn so ist alles aktuell und ausführlich. Den Menschen wird es halt nicht gerecht und hat insofern auch keinen Nutzen. In Unternehmen bereiten Menschen, die das Vertrauen (!) der Leitung haben, das so auf, dass die auf einer oder allenfalls zwei Seiten alles für die Entscheidung notwendige an Informationen bekommen. Hat die Politik in die Stadtverwaltung nicht das notwendige Vertrauen? Oder versucht die politisch gewählte Verwaltungsspitze damit eher ihren eigenen Einfluss geltend zu machen und so das Parlament zu lenken? Wenn das so ist, sollte man eher das ändern, als das Parlament zu verkleinern. Ein kleineres Parlament bedeutet noch mehr Arbeit, aufgeteilt auf weniger Menschen. Wie wird das für kleine Parteien aussehen, die nur zwei oder drei Sitze im Parlament haben? Die können dann einmal monatlich gemeinsam an der Stadtverordnetensitzung teilnehmen und sich die weitere Arbeit in den aktuell vier Fachausschüssen, in den Aufsichtsgremien der Stadtwerke, des Bauhofs, des Alten- und Pflegeheims etc. teilen. Ob das die 37 Verbleibenden wohl motiviert? Ich wäre da eher skeptisch. Letztendlich bleibt nur, mehr Demokratie zu wagen.
Liebe Stadt, liebe Politik! Öffnet die Entscheidungsprozesse, seid transparenter, macht die notwendigen Informationen zugänglich. Dann werden die Leute kommen und fragen, ob sie bei Euch mitmachen können. Das werden Sie aber nur, wenn sie bei Euch tatsächlich auch was bewegen können.
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