Ein Böllerverbot löst alle Probleme! Oder doch nicht?
Nach den unsäglichen Angriffen auf die Feuerwehr auf dem Apostelplatz an Silvester reagieren nun Bürgermeister und Erster Stadtrat. Sie wollen ein Böllerverbot für Sylvester 2025 vorschlagen und Böllerverbotszonen durchsetzen. Das soll vermutlich Tatkraft und Entschlossenheit zeigen. Nach solchen Ereignissen reagiert die Politik immer wieder mit wohlfeilen Worten, und findet neue Verbote. Ob das wohl dieses Mal etwas bringt?
Schon jetzt darf zum Beispiel Silvesterfeuerwerk nur in begrenzten Zeiten abgefeuert werden. Trotzdem wird’s auch zu anderen Zeiten gemacht. Oder die überdimensionierten Kugelbomben, über die Presse und TV in den letzten Tagen häufig berichtet haben und die in Berlin und anderswo die Fenster halber Stadtteile zerstört haben, sind ebenfalls verboten. Trotzdem werden sie verwendet. Scheint nicht so recht zu funktionieren mit den Verboten.
Viernheim verbietet ja gerne. Die Ankündigung von Kontrollen ist oft die zweite Stufe. Die dritte Stufe ist das Androhen von Konsequenzen und die vierte die Androhung von ernsten Konsequenzen. Damit kann man so tun, als würde man Probleme lösen, ohne wirklich an die Lösung gehen zu müssen. Ob das die Gemüter beruhigt? Ob sich Viernheim jetzt sicherer fühlt?
Ist es nicht eigentlich auch verboten, mit Silvesterböllern auf Menschen zu schießen? Wie kommt man jetzt auf die Idee mit einem neuen Verbot zu verhindern, dass etwas passiert, was bereits selbst verboten ist? Wie konnten die Übergriffe überhaupt passieren angesichts der schon bestehenden Verbote?
Nächstes Silvester soll dann die Stadtpolizei kontrollieren, dass niemand in den Böllerverbotszonen böllert. Wo war eigentlich die Stadtpolizei an diesem Silvester? Wenn man diese Frage weiterdenkt, kommt man schnell an den Punkt, dass auch bei einem Böllerverbot die Stadtpolizei nicht überall sein kann und es außerhalb der Innenstadt noch weitere öffentliche Plätze gibt.
Ich hoffe, Bürgermeister und Erster Stadtrat haben noch mehr Ideen als ein Böllerverbot in der Innenstadt. Vielleicht sollte man mal auf die Tätergruppe schauen, die die Presse ja so genau nicht benannt hat. Wenn es jugendliche Ausländer gewesen waren, müsste man vielleicht infrage stellen, was denn an der gesellschaftlichen Integration schief gelaufen ist. Wenn es jugendliche Flüchtlinge waren, wäre die Frage angebracht, ob Sprachkurse und ein bisschen Betreuung vielleicht doch nicht ausreichen. Und wenn es deutsche Jugendliche waren? Ich glaube, man kann ruhig mal generell darüber nachdenken, was sich in den letzten 10 bis 15 Jahren verändert hat, dass solche Entgleisungen heute in der Zahl in allen gesellschaftlichen Gruppen möglich sind, und endlich anfangen, hier einzuwirken.
Warum verhalten sich Menschen immer mehr entgegen dem, was gesellschaftlich „normal“ ist? Die Leute wissen, was normal ist, denn sonst wären sie in diesem Fall beim Auftauchen der Polizei nicht weggelaufen. Aber sie verhalten sich nicht normal. Es hat sich was verändert in der Gesellschaft und das nicht zum Guten. Wie kriegen wir das wieder hin? Was machen Länder, in denen das nicht so extrem ist, anders?
Das Problem ist vielschichtig, komplex und eine einfache Lösung wird es nicht geben. Aber suchen sollte man wenigstens danach. Wie wäre es, wenn die Stadt mal Experten für diese Thematik einladen und öffentlich sprechen lassen? Was hat sich verändert? Was können wir tun, um es wieder in Ordnung zu bringen? Das Problem betrifft sicherlich das ganze Land, aber wir könnten anfangen und schauen, was wir hier bei uns in Viernheim tun können. Idealerweise suchen wir öffentlich nach einer Lösung, lassen Bürgerinnen und Bürger zuhören und beantworten Fragen. Und finden eine bessere Lösung.
Mit einem Böllerverbot und „entschiedenen Kontrollen“ entscheidet man sich gerade für den einfachen Weg. Prinzip Hoffnung. Wenn’s nicht klappt, dann können wir immer noch mit Konsequenzen und im nächsten Jahr dann mit ernsten Konsequenzen drohen. Damit tut man wenigstens so, als würde man das Problem angehen!
Ich wünsche mir, dass man auf dem Rathaus noch mehr Ideen hat.
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