Bürgerbeteiligung mal anders gedacht…
Ende letzten Jahres haben die Grünen per Leserbrief vorgeschlagen, in Viernheim einen Bürgerhaushalt einzuführen und damit Bürgerinnen und Bürgern wieder mehr am kommunalpolitischen Geschehen zu beteiligen. Eine gute Idee! Je nach dem, was sie damit genau vorhaben ist das allerdings entweder ein sehr dickes Brett oder nur ein Feigenblatt. Wenn man den kompletten Haushalt durch Bürgerinnen und Bürger entwerfen lassen, setzte das intensive Vorarbeit voraus und eine Gruppe, das bereit ist, sich über einen langen Zeitraum einzuarbeiten. Es gibt Städte, die machen das und haben damit gute Erfolge. Die kleinere Lösung wäre, Bürgerinnen und Bürgern über einen bestimmten Betrag entscheiden zu lassen. Angesichts der klammen Kasse in Viernheim könnte der Betrag schnell zu klein ausfallen, als dass eine Beteiligung an einem solchen Projekt wirklich attraktiv erscheint. Ansonsten ist es mit Bürgerbeteiligung in Viernheim im Moment eher mau.
Im Gegenteil, wenn Vorschläge gemacht werden, heißt es entweder „Das haben wir auf dem Schirm“ oder im negativen Fall „Das haben wir schon erwogen/versucht/geprüft/verworfen“. Das berichten inzwischen einige, die es versucht, und sich inzwischen frustriert zurückgezogen haben. Vorschläge werden abgebügelt
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, wenn man nach Infos zu bestimmten Themen fragt, die Hürden dafür höher und höher geschraubt. Oder wenn man Mängel über den Mängelmelder meldet, wird die Erledigung schriftlich bestätigt und es passiert einfach nichts. Das sind nur einige wenige Beispiele, aber man muss schon fragen, ob die Stadt die Beteiligung ihrer Bürgerinnen und Bürger am kommunalen Geschehen tatsächlich will.Die Zeiten und Probleme sind heute so komplex und erfordern jede Menge Fachwissen. Eine Verwaltung der Größe der Stadt Viernheim oder auch die Stadtwerke noch hinzugerechnet KÖNNEN nicht die fachliche Expertise vorhalten, die zu einer sinnvollen Bewältigung der aktuellen Themen notwendig sind. Hinzu kommen strategische Überlegungen für die Zukunft, auf die man sich heute bereits einstellen muss. Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass dieses Knowhow und zugehörige Erfahrung in den Köpfen mancher Bürgerinnen und Bürger vorhanden ist. Und dies gilt es zu nutzen.
Zum Beispiel indem man Kritik als etwas Konstruktives auffasst und in die interne Bearbeitung einfließen lässt, Vorschläge aufgreift, das eigene Tun öfter mal in Frage stellt. Indem man Formate findet, die eine einfache Beteiligung zulassen. Formate, in denen man sich nicht wochen-, monate- oder gar jahrelang in einer Gruppe engagieren muss. Dazu sind viele heute nicht mehr bereit, was sich ja auch in sinkenden Mitgliederzahlen in Vereinen und Parteien zeigt.
Transparenz und Einblicke in Zahlen, Daten, Fakten sind dafür notwendig. Wenn die Stadtwerke keine Zahlen zum Strom- und Gasverbrauch nennen wollen – aus Wettbewerbsgründen, wie es heißt – ist es schwierig, sich mit Ideen und Konzepten hier einzubringen. Entscheidungen müssen nachvollziehbar sein. Zum Beispiel wenn man plötzlich ein Rathaus kauft und damit alle Kriterien, die die letzten 20 Jahre als wichtig erarbeitet wurden, über Bord wirft. Oder wenn der Strompreis in wenigen Wochen von rund 30 Cent auf 67 Cent erhöht wird und dazu keinerlei sinnvolle Erklärung erfolgt. Intransparenz kostet hier massiv Vertrauen, welches nur schwer wieder herzustellen ist.
Mehr Offenheit, mehr einfache Beteiligungsmöglichkeiten, öfter mal auf die Expertise der Bürgerinnen und Bürger hören sind zur Bewältigung der vielen Krisen und Probleme einfach notwendig. Jedwede Arroganz dem Wissen und den Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber sind fehl am Platz. Mehr Beteiligung in diesem Sinne wird die Stadt auf einen guten Weg bringen und kann das verlorene Vertrauen der Menschen, die sich frustriert abgewendet haben, wieder stärken.
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