Ich fahre gerne Auto!
Oder: Wie wir den gesellschaftlichen Diskurs führen müssen
Ja, ich fahre gerne Auto! Und mein Auto braucht einen Parkplatz auf der Straße und es produziert Schadstoffe! Ein gefährlicher Satz in Zeiten des Wahlkampfs. Doch bitte lesen Sie weiter, vielleicht kommt es anders, als der Titel Ihnen versprochen hat!
Die spannende Frage lautet, warum ist der Satz heute so gefährlich? Was ist das für ein Mensch, der sagt, er fährt gerne Auto? Das ist schnell erklärt: ein Autofetischist, immer mit dem Fuß am Gas, einer, dem die Umwelt egal ist. Die Vorurteile sind schnell beisammen.
Autos muss man verbieten!
Solchen Leuten muss man das Auto verbieten, ihnen den Platz nehmen, auf dem das Auto steht, ihnen viel Geld für Benzin abknöpfen, damit ihnen das Autofahren verleidet wird. Wir müssen die Autofahrer (komischerweise ist in solchem Zusammenhang selten von Autofahrerinnen zu lesen…) umerziehen, damit sie sich endlich klimagerecht verhalten und aufs Rad umsteigen. Klimaschutz ist was Gutes, wer will da ernsthaft widersprechen? So einfach ist die Welt.
Nur: so einfach ist die Welt eben doch nicht. Für viele Bürgerinnen und Bürger nicht. Denn für sie ist das Auto etwas anderes, als ihnen oft unterstellt wird. Für mich zum Beispiel.
Das Auto erfüllt für mich einen Zweck: Es bringt mich von A nach B. Und zwar von Tür zu Tür. Und das in einer vernünftigen Zeit und halbwegs komfortabel.
Wofür nutze ich das Auto?
Ich habe in der Woche mehrere Ziele, die ich regelmäßig ansteuere. Zum Beispiel ein Bürogebäude in Mannheim-Neckarau.
Nach Mannheim Neckarau fahre ich mit dem Auto – ca. 15 Minuten von Tür zu Tür. Ich könnte den ÖPNV nutzen. Mit dem ÖPNV brauche ich eine Stunde und 20 Minuten. Auch von Tür zu Tür. Zu Zeiten des Berufsverkehrs ist das Fahren mit der OEG nicht so lustig. Ein Stehplatz im Gedränge, die Frage, ob das Umsteigen nahtlos klappt und bei Regen der Gang von zu Hause zur Bahn und am Ziel von der Bahn zum Ziel. Nix mit „In der Bahn kann man schön lesen oder sich entspannen…“. Nicht in der OEG.
Der Hauptpunkt ist für mich aber die Zeit. Für mich konkurriert das Auto nicht von den Kosten her mit dem Preis für den ÖPNV. Das Auto konkurriert hier um Zeit. Meine Lebenszeit. Zeit für Familie, Freunde, Hobbys und andere lustige Dinge. Eine Stunde mehr pro Fahrt und das dann zweimal am Tag, das ist mir in der Tat etwas wert. Auf jeden Fall mehr wert, als im Gedränge der OEG zu stehen. Sogar ein Benzinpreis von 5 Euro oder sogar mehr. Wobei ich nicht sagen kann, wo meine Schmerzgrenze genau wäre. Bei Menschen, die wenig Geld verdienen, liegt sie sicherlich niedriger.
Wenn ich die Stecke mit dem ÖPNV in 30 Minuten bewältigen könnte – von Tür zu Tür – könnte ich mir vorstellen umzusteigen! Das ist immerhin doppelt so lange https://ihah.hn/buy-aleve-online/index.html , wie ich sonst brauche – aber es ist mal ein Anhaltspunkt für Schmerzgrenzen von Menschen.
(Im Übrigen: Autos sind mir ansonsten völlig egal. Bis Ende letzten Jahres bin ich einen 25 Jahre alten Opel Corsa gefahren. Er erfüllte seinen Zweck und hat nicht viel Geld verschlungen. Nur mal so, bevor jemand kommt und sagt, ich sei halt unbelehrbar und einfach ein Autofan mit Freunde am Gasfuß. Ein 25 Jahre alter Opel Corsa ist nicht lustig. Er erfüllt seinen Zweck!)
Wie kann die Verkehrswende gelingen?
Mein Mobilitätsbedarf ist nur ein Beispiel, aber wenn die Verkehrswende gelingen soll, müssen wir auf solche Beispiele schauen. Und wir müssen schauen, welche Mobilitätsbedürfnisse die Bürgerinnen und Bürger haben und dafür Alternativen entwickeln. Gute Alternativen. Solche, die einen ggf. sogar von Tür zu Tür bringen, das Ganze halbwegs komfortabel und vor allem in geeigneter Zeit.
Es sagt sich leicht, dass in Viernheim ein Drittel der Autos nicht gebraucht würden. Es sagt sich ebenfalls leicht, dass wir Fahrradstadt werden wollen. Aber wir werden den Klimawandel nicht mit Lastenrädern, Fahrrädern und ohne Autos bewältigen. Weil dann die Leute vorher aussteigen und nicht mehr mitmachen.
Anderen Leuten geht es ähnlich. Manche mögen Autos mehr als ich, andere weniger. Aber alle haben ein Mobilitätsproblem zu lösen. Sie müssen von Viernheim zur BASF, zu Roche oder zu Daimler. Sie müssen nach Heidelberg, Darmstadt oder Frankfurt. Oder nach Lampertheim. Geht alles mit dem ÖPNV, aber nicht zu tragbaren „Opportunitätskosten“. Denn auch für diese Menschen bemessen sich die Opportunitätskosten nicht nach Geld, sondern nach Zeit. Das muss man verstehen, wenn man die Verkehrswende will.
Verkehrswende gestalten
Die Verkehrswende ist sinnvoll und notwendig. Absolut! Aber sie kann nur gelingen, wenn sie die Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt. Wenn man das akzeptiert, denkt man nicht mehr darüber nach, wie man das Auto so unattraktiv wie möglich machen kann, sondern man denkt darüber nach, wie man die Alternativen attraktiver machen kann. Das ist eine völlig andere Diskussion als die, die wir tatsächlich und viel zu oft führen!
Öffentlichen Diskurs führen
Ich schreibe das hier so ausführlich, weil das in der Diskussion oft zu kurz kommt. Die öffentliche Diskussion wird stark ideologisch geführt, die Autofahrer beschimpft und die steigen dann schnell aus der Diskussion aus. Weil sich niemand die Geschichte anhört mit den Mobilitätsbedürfnissen von denen, die nur nicht zugeben wollen, dass sie eigentlich Autofetischisten sind… Die Autofahrer und die Verkehrswende sind aber nur ein Beispiel unter vielen.
Insgesamt geht es um ein generelles, gesellschaftliches Problem. Es gibt kaum noch öffentlichen und politischen Diskurs. Es wird nicht mehr diskutiert, nicht mehr um gute Lösungen gerungen. Der Politik scheint das zu mühsam zu sein. Es wird in kleinem Kreis eine Lösung ausbaldowert, die dann als alternativlos veröffentlicht wird in der Hoffnung die Diskussion damit einzudämmen.
Nichts ist alternativlos!
Nur ist die Welt viel vielfältiger als die Bezeichnung „alternativlos“ suggeriert. Es gibt Alternativen jede Menge. In der Pandemie, bei der Verkehrswende, bei den vielen anderen Problemen unserer Zeit. Hinzu kommt, dass „die Politik“ nicht das Vertrauen genießt, dass Bürgerinnen und Bürger ihr auf dem angeblich alternativlosen Weg tatsächlich folgen.
Diese Diskussionen müssen wir führen, und zwar öffentlich. Die Menschen diskutieren das auf jeden Fall. Zur Not in den sozialen Medien in ihren Denkblasen. Das führt dann auch zu Lösungen, die in der Regel dann einfach das Gegenteil sind. Pandemie gibt es nicht. Klimawandel findet nicht statt. Autos sind gesund. Dann treffen zwei Ideologien aufeinander, die nicht miteinander nach gemeinsamen Lösungen suchen, sondern sich jeder in seiner eigenen Gedankenblase bewegt, Bestätigung findet und doch kein einziges Problem löst. Das Ganze kostet uns als Gesellschaft Zeit, die uns dann für die tatsächliche Lösung des Problems fehlt.
Anders machen
Gerade auf kommunaler Ebene sollten und können wir es anders machen. Das was hier in der Politik passiert, geht alle Bürgerinnen und Bürger an. Es betrifft sie unmittelbar. Insofern ist hier der Ansatz für den gesellschaftlichen Diskurs noch am einfachsten. Man muss es nur tun!
Hier muss sich lokale Politik öffnen, ihre Ideen und Ideologien der öffentlichen Diskussion stellen. Dafür braucht es geeignete Rahmenbedingungen und Konzepte, über die man sprechen muss. Und dann kann man daran gehen, die Themen wirklich abzuarbeiten.
Die Alternative ist, dass irgendwann ein Trump vorbeikommt und das Gegenteil verspricht. Bei den niedrigen Wahlbeteiligungen hat so jemand sogar gute Chancen an die Macht zu kommen. Auch das gleicht sich mit der Zeit wieder aus, aber es ist verlorene Zeit die wir eigentlich für die Lösung der Probleme benötigen.
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