
Was ist eigentlich aus der Erhöhung der Grundsteuer geworden?
Man hört gar nichts mehr von der Grundsteuer, die Steuer in Viernheim, die jeder Einwohner Viernheims als Nebenkosten des Wohnens bezahlen muss. Ist das schon vom Tisch? Ist es nicht und die Erhöhung kann immer noch kommen! Der Bürgermeister als Finanzdezernent wollte Ende letzten Jahres die Grundsteuer um 30 Prozent erhöhen. Denn das Land gibt weniger Geld als erwartet und der Kreis möchte mehr von der Stadt haben. Die Stadtverordneten sind damals dem Vorschlag nicht gefolgt und wollten erst mal selber sehen, ob die fehlenden 2 Millionen Euro nicht doch eingespart werden können. Die Ergebnisse der Einsparbemühungen werden für den März erwartet.
Einzusparen sind 2 Millionen Euro bei einem Haushaltsvolumen von rund 110 Millionen, also unter 2 Prozent. Wie hat es ein Steuerberater die Tage mir gegenüber spaßeshalber formuliert? Wenn die Stadt bei allen Rechnungen das Skonto nutzt, hat man den Betrag schon fast raus. So einfach ist es natürlich nicht. Aber 2 Prozent sind in jedem Budget einsparbar. Also eine machbare Aufgabe! Allerdings sollte man mal genauer schauen, denn sonst fangen wir im nächsten Jahr wieder von vorne an.
„Die da oben sind schuld!“, sagen Bürgermeister und Erster Stadtrat unisono und meinen den Kreis, der mehr Geld von Viernheim verlangt und das Land Hessen, welches weniger gibt. Die Schuld anderen zu geben, ist einfach. Wo war denn die Gegenwehr? Immerhin ist der Bürgermeister im Präsidium des hessischen Städte- und Gemeindebundes. Oder was ist mit den Stadtverordneten, deren Parteikollegen in Kreis- und Landtag die entsprechenden Beschlüsse gefasst haben? Hätte man dort nicht mal lautstark anklopfen können? Ich hätte hier wahrnehmbare Gegenwehr gegen die Entscheidungen von „denen da oben“ erwartet.
Schauen wir mal auf die Einnahmen der Stadt und vergleichen diese mit den umliegenden Gemeinden: Wie kommt es, dass Heppenheim doppelt so viel Gewerbesteuer pro Einwohner einnimmt als Viernheim und Bensheim sogar das 2,3-fache der Viernheimer Gewerbesteuer? Auch bei den Anteilen an der Einkommenssteuer haben andere mehr. Und das bei sogar niedrigeren Steuersätzen bei Grund- und Gewerbesteuer. Machen andere da einfach mehr richtig als wir in Viernheim?
Bei den Ausgaben ist es ähnlich. Mit einem Haushaltsvolumen von ca. 110 Mio Euro für die gesamte Stadt sind das rund 3200 Euro, die die Stadt pro Jahr für jeden einzelnen Einwohner ausgibt. Biblis, Lampertheim und Heppenheim kommen offenbar aber mit rund 3000 Euro pro Einwohner aus. Warum braucht Viernheim so viel mehr Geld? Und das oft sogar bei niedrigerer Grundsteuer als in Viernheim? Haben die noch marodere Straßen, fehlen noch mehr Kitaplätze, haben die noch mehr Sporteinrichtungen zu sanieren? Der Vergleich dieser wenigen Zahlen offenbart tiefere strukturelle Unterschiede zwischen den Städten. Viernheim steht im Vergleich gar nicht gut da.
Machen wir die richtigen Dinge und machen wir die Dinge richtig?
Alle freiwilligen Leistungen der Stadt sollten regelmäßig auf den Prüfstand! Wirtschaftsförderung, Brundtlandbüro, aber auch Volkshochschule, Kultur- und Sport, die Stadtbücherei etc. Was sind die Ziele der jeweiligen Leistung? Werden die Ziele erreicht? Wenn nein, kann das weg oder müssen wir es umbauen? Zum Beispiel die Wirtschaftsförderung: Wenn das Ziel ist Gewerbe anzusiedeln, sind die Ergebnisse bei der Gewerbesteuer schlecht. Was ist das Ziel der Wirtschaftsförderung? Arbeitet man dort an den richtigen Zielen? Kann das weg oder muss man umsteuern? Oder als zweites Beispiel das Brundtlandbüro: Machen die gute Arbeit, wenn – wie die Stadtwerke vermutlich eher unfreiwillig mitgeteilt haben – in 2023 nur 13 Gasanschlüsse weggefallen sind wegen eines Umstiegs auf Wärmepumpen? Machen wir die richtigen Dinge? Und man muss fragen, ob die Dinge richtig gemacht werden. So, dass am Ende am meisten bei herumkommt!
Ich vermute, ein genauerer Blick offenbart noch jede Menge Einsparpotenzial! Kurzfristig und mittel- bis langfristig allemal. Vielleicht lohnt auch nochmal ein Blick ein Jahr zurück, als die Grundsteuer schon einmal erhöht wurde. Die Mehreinnahmen von rund 250.000 Euro wurden komplett verfrühstückt, weil in der Harbighalle niemand darauf geachtet hat, den empfindlichen Hallenboden ausreichend zu schützen. Da geht es hin, das schöne Geld, was wir doch unbedingt brauchten, um die Stadt voranzubringen.
Aktuell arbeitet ein Kreis von Stadtverordneten an möglichen Einsparungen im Haushalt. Ich hoffe, dass die Stadtverordneten die richtigen Fragen stellen und zu den richtigen Schlüssen kommen. Geschieht das nicht, diskutieren wir Ende dieses Jahres und die kommenden Jahre immer wieder dieselben Fragen. Das wäre nicht gut!
Soweit der eigentliche Leserbrief!
Ein paar Zahlen…
Es wird interessant, wenn man mal ein paar Zahlen zusammenträgt. Das ist durchaus mühsam und die hier verwendeten Zahlen sind auch nicht alle aus 2024, aber zeigen eine Richtung an. Wer mag, kann das ja gerne mal ausführlich tun.
Interessant ist auch, wenn man mal in die Haushaltspläne der verschiedenen Kommunen hineinschaut. Manche sind so aufgebaut, dass man sich gut zurechtfindet, bei anderen ist es schwieriger. Für Viernheim wünsche ich mir mehr Transparenz und einen einfach aufgebauten Haushalt, in dem man Dinge auch findet und der eben einfach Transparenz in die Finanzzahlen der Stadt bringt. Und zwar so, dass möglichst jedermann verstehen kann, was da vor sich geht und nicht nur eingeweihte.
Viernheim im Vergleich
Die Zahlen, mit denen hier hantiert wird, sind schon enorm. Hätten Sie gedacht, dass wir beim Haushalt über 110 Millionen Euro reden? Wie viel kommen dabei aus der Grundsteuer und der Gewerbesteuer, als den beiden Steuern, auf die die Stadt selbst Einfluss nehmen kann durch die Festlegung der sogenannten Hebesätze.

Interessant sind auch die Einnahmen der einzelnen Städte. Dabei sticht Bensheim heraus, mit 54 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. Das ist natürlich super. Es sei denn, einem großen Unternehmen geht es schlecht und ein großer Teil dieser Einnahmen fällt plötzlich weg. Das ist in Bensheim geschehen und wirft aktuell große Probleme auf.
Vergleichbar sind die absoluten Zahlen so nicht. Daher habe ich die Zahlen pro Einwohner umgerechnet. Das vereinfacht die Vergleichbarkeit.

Welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Was man noch fragen könnte, aber die Länge eines Leserbriefes sprengt…
Gibt’s eigentlich ein Controlling?
Gibt es eigentlich ein funktionierendes Controlling in der Stadtverwaltung? Auf Projektebene würden mich die Ergebnisse bei der Harbighalle und bei andere Baustellen interessieren. Oder wie ausgelastet sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Bereichen, wenn eine Mitarbeiterin aus dem Brundtlandbüro die Öffentlichkeitsarbeit bei der Kampagne gegen das Gehwegparken übernimmt bei gleichzeitig einem Haufen Leuten in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit?
Was kostet das neue Rathaus?
Oder auch eine spannende Frage: Was kostet uns denn nun unter dem Strich das neue Rathaus? Wir hatten ja mal ein Angebot eines Viernheimer Unternehmers, der für 15 Mio Euro ein All-Inklusive-Paket angeboten hat. Mit Umzug, Abriss des alten Rathauses, Unterbringung der Mitarbeiterschaft während der Bauzeit, Bau eines neuen Rathauses, Einzug der Mitarbeiter etc. Heute haben wir für die Hälfte des Geldes ein halbes Rathaus gekauft, die andere Hälfte der Mitarbeiterschaft ist irgendwo eingemietet, der Umzug hat Geld gekostet, das alte Rathaus muss noch unterhalten werden und die Kosten des Abrisses sind noch nicht mal geschätzt.
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