Trauerspiel Rudolf-Harbig-Halle
Am Ende wird die Rudolf-Harbig-Halle den Vereinen und dem Schulsport vier Jahre nicht zur Verfügung gestanden haben. Mindestens! Das ist echt ein Trauerspiel. Nun hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, die Halle zu sanieren, trotz der Kostensteigerungen. Das ist gut und eine richtige Entscheidung. Und gut, dass sie ohne Gegenstimmen erfolgt ist. Insofern gibt es nun realistische Chancen für ein Ende des Trauerspiels.
Bisher ging es in den Diskussionen und der Berichterstattung, vor allem darum, dass die Halle den Vereinen und dem Schulsport nicht zur Verfügung steht. Die Diskussion darum ist naheliegend und verständlich, verstellt aber den Blick auf das eigentliche Problem: Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Klar muss man jetzt erst mal Schadensbegrenzung betreiben und die Nutzung wieder herstellen, aber letztendlich handelt es sich um ein systemisches Problem. Kümmert man sich nicht um dieses systemische Problem, lernt man aus dem Millionenspektakel nichts und es wird wieder passieren.
Eine Sporthalle sowie auch andere öffentliche Gebäude stürzen nicht von heute auf morgen ein. Sie sind auch nicht über Nacht baufällig. In diesen Zustand kommen sie allenfalls über einen längeren Prozess. Guckt denn niemand mal nach dem Zustand der öffentlichen Gebäude? Fühlt sich da irgendwer verantwortlich? Werden öffentliche Gebäude nicht regelmäßig von Fachleuten begangen, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist?
Im privaten kennt man das: Nach einem Sturm schaut man mal, ob noch alle Ziegel an Ort und Stelle sind oder ob es nach einem starken Regen irgendwo feuchte Stellen gibt und geht diesen nach. In größeren Unternehmen gibt es dazu eigene Abteilungen, die dafür zuständig und verantwortlich sind. Denn Nachsicht in diesem Bereich kostet irgendwann viel Geld.
m öffentlichen Bereich ist das offenbar anders und es gibt weitere Beispiele. Wie die Hochbrücken in Ludwigshafen, die von einem Tag auf den anderen plötzlich einsturzgefährdet waren und nicht mehr genutzt werden können. Dort hatte man sich aber die Mühe der Analyse gemacht. In den hohlen Brückenträgern waren die Abwasserleitungen für Regen und Schnee auf den Brücken verlegt. Und die waren undicht, sodass im Winter salzhaltiges Abwasser nicht in die Kanalisation, sondern in den Brückenkörper fließt. Das hat den Beton marode gemacht. In Ludwigshafen ergab die Analyse, dass niemand von der Stadt sich die Mühe gemacht hat, die Brücken regelmäßig von innen zu inspizieren. Dann hätte man das Problem erkennen können. Hätte man das frühzeitig entdeckt und die Leitungen abgedichtet, gäbe es die Brücken heute noch und die Stadt hätte sich viele Millionen Euro und die jahrelange Störung des (Berufs-)Verkehrs in der gesamten Region erspart. Für diesen Fall stand die Fehleranalyse in der Zeitung.
Wie ist es in Viernheim? Wie konnte es bei uns so weit kommen? Schaut da auch mal jemand hin? Werden die städtischen Immobilien wenigstens ab jetzt regelmäßig von Fachleuten begangen und auf mögliche Schäden untersucht? Je früher man mögliche Schäden entdeckt und bearbeitet, umso günstiger wird es. Das hätte für die Rudolf-Harbig-Halle gegolten, das gilt für die Waldsporthalle, aber auch für das Rathaus, das Bürgerhaus etc. Und im Übrigen auch für die Viernheimer Straßen. Auch hier werden kleine Schäden nicht repariert, sondern man wartet lieber ab, bis es richtig teuer wird. Oder das Rathaus, von dem Fachleute sagen, dass vor allem deshalb ein neues Rathaus notwendig ist, weil man das alte nicht gepflegt hat. Geldsparen für reiche Leute sozusagen.
Ich würde mir wünschen, dass diese Frage mal diskutiert wird, am liebsten öffentlich, damit die Bürgerinnen und Bürger sehen, DASS das diskutiert und etwas daraus gelernt wird.
Wenn man dann noch nicht diskussionsmüde ist, könnte man auch gleich noch darüber nachdenken, warum denn ein solcher Prozess so lange dauern muss. Aber das ist dann schon wieder die nächste Geschichte. Bleiben wir der Einfachheit erst mal bei der Frage, wie es so weit kommen konnte.
Dieser Beitrag wurde als Leserbrief am 17.7.2022 an das Viernheimer Tageblatt
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